Demokratie und die internationale Normierung militärischer Gewalt
Der Umgang der Demokratien mit dem Völkerrecht spitzt sich in der Frage des Gewalteinsatzes kontrovers zu. Zum einen geht es hierbei um die Autonomie demokratischer Entscheidungsprozesse gegenüber dem Durchgriff völkerrechtlicher Normen und Verfahren, die in der Frage von Krieg und Frieden besondere Brisanz haben. Zum anderen geht es um die Rechtfertigbarkeit der kollektiven Gewaltanwendung durch die Gemeinschaft demokratischer Staaten angesichts der Beschränkungen durch ein Völkerrecht, an dessen Aushandlung nicht-demokratische Staaten beteiligt waren und dessen Legitimität aus diesem Grund in Zweifel gezogen wird. Das Projekt zielt auf eine erste Typologisierung des demokratischen Umgangs mit dieser Problematik in seinen institutionell-prozeduralen und diskursiv-praktischen Dimensionen.
Die parlamentarische Kontrolle von Entsendeentscheidungen tangiert die Völkerrechtspolitik der Staaten in zweierlei Weise. Ist die Zustimmung das Parlaments notwendig, so ist einerseits die Exekutive daran gehindert, in völkerrechtswidriger Willkür Interventionsbeschlüsse zu fassen und zu implementieren; zum anderen schlagen mandatierte Einsätze nicht automatisch in die nationale Politik durch, sondern werden durch das Parlament vermittelt; parlamentarische Kontrolle kann also den kollektiven Willen der internationalen Gemeinschaft, in konkreten Konflikten einzugreifen, auch durchkreuzen.
Die diskursiv-praktische Dimension betrifft die Bedeutungszuweisung völkerrechtlicher Schlüsselkonzepte in Fragen der Anwendung äußerer Gewalt. Das Projekt macht sich hierbei die im Kernprojekt Ursachen der wechselnden Beteiligung demokratischer Staaten an Kriegen seit 1990 der HSFK – mit dem dieses Projekt eng kooperiert – erarbeiteten Erkenntnisse über die praxeologische Ambivalenz liberaler Werte zu Nutze, die diskursiv sowohl zur Rechtfertigung wie zur Ablehnung militärischer Intervention eingesetzt werden können. Dabei bewegen sich, so die Annahme, völkerrechtspolitische Artikulationen stets in einem diskursiven Spektrum möglicher Rechtfertigungspraktiken, die zwischen Demokratien variieren.
Der Natur der Fragestellung in den beiden Teilprojekten gemäß wird in ihnen mit unterschiedlichen Methoden gearbeitet. Die institutionell-prozedurale Analyse vergleicht mit Hilfe von Statistik und Qualitative Comparative Analysis 26 Demokratien. Der zweite Projektteil widmet sich dem diskursanalytischen Vergleich von vier Demokratien, von denen zwei – die USA und Deutschland – dem Augenschein nach an den Polen eines Kontinuums des Umgangs mit dem Gewaltverbot angesiedelt sind. Zwei weitere, an verschiedenen Positionen des Kontinuums zu verortende Demokratien werden das Bild ergänzen. Die Zusammenführung beider Projekte soll ein zunächst noch grobes Raster für eine Typologie demokratischer Völkerrechtspolitik im Umgang mit Interventionsverbot und Nothilfegebot ergeben, dass durch nachfolgende Fallstudien weiter gefüllt werden soll.
- Wagner, Wolfgang
- Peters, Dirk
- Liste, Philip
- Schmidt, Andreas
- "Natural Friends"? | 2009
Harald Müller/Andreas Schmidt, "Natural Friends"? Relations between the United States and India after 2001, PRIF Report No. 87, Frankfurt/M., 2009.
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- "Natürliche Freunde"? | 2008
Harald Müller/Andreas Schmidt, "Natürliche Freunde"? Die Beziehungen zwischen den USA und Indien ab 2001, HSFK-Report Nr. 8/2008, Frankfurt/M.
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- Den Rat neu erfinden? | 2006
Philip Liste, Den Rat neu erfinden? Die Vereinten Nationen und ihr „neuer Sicherheitskonsens“, HSFK-Standpunkte, Nr. 1/2006, Frankfurt/M.
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- Rechtsrealität versus Realpolitik | 2005
Andreas Fischer-Lescano, Rechtsrealität versus Realpolitik. Die Strafanzeige in Deutschland gegen Donald Rumsfeld wegen der Folterungen in Abu Ghraib, HSFK-Standpunkte, Nr. 1/2005, Frankfurt/M.
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- Grenzen demokratischen Rechts? | 2005
Oliver Eberl/Andreas Fischer-Lescano, Grenzen demokratischen Rechts? Die Entsendeentscheidungen zum Irakkrieg in Großbritannien, den USA und Spanien, HSFK-Reports Nr 8/2005, Frankfurt/M.
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